01.06.2017
Der diensthabende Polizist schickt uns sofort in den Seminarraum, wo wir Schülerinnen und Schüler der Klasse R 9.2 der Konrad-Duden-Schule bereits von einem Mann in Zivil und einer Frau in Uniform erwartet werden. Aus Sicherheitsgründen verzichten wir auf die Namensnennung.
Die Beamten in Uniform gehören der Schutz- und die in ziviler Kleidung der Kriminalpolizei an. Die Kriminalpolizei ist im gesamten Kreis Hersfeld / Rotenburg zuständig für die Aufklärung von Tötungsdelikten, Brandsachen, Überfällen auf Banken, Kasinos, Personen, Einbrüchen, Sexual-, Rauschgift- und Betrugsdelikten.
Die Tür zum Seminarraum öffnet sich und ein weiterer Polizist in Uniform gefolgt von einem Hund belgischer Rasse erscheinen. Er ist Diensthundeführer; bei ihm leben sowohl ein Schutz- und ein Spürhund. Sein Spürhund ist einer von zurzeit 28 in Hessen, heißt Bragi, benannt nach dem Sohn Odins, und ist 1 ¾ Jahre alt. Der Polizist erklärt uns, dass die Hunde nicht aus reinem Spieltrieb die gesuchten Dinge aufspüren. Sie müssen unter Belastung funktionieren, auch wenn sie gerade keine Lust haben. Mit einem Satz nimmt Bragi neben seinem Herrchen auf einem der Tische Platz und wartet geduldig, bis er uns sein Können präsentieren kann. In Mühlheim werden die Tiere auf das Aufspüren und Erkennen von Sprengstoff, Bomben und sogar abgeschossene Schusswaffen trainiert. Das Spielzeug wird zunächst mit dem entsprechenden Geruch versehen, so dass die Hunde lernen, das entsprechende Geruchsbild mit dem des Originalstoffs zu verknüpfen. Sollte es passieren, dass ein Hund etwas von dem Stoff zu sich nimmt, setzt der Hundeführer ihm die sogenannte „Kotzspritze“. Dem Hund geht es vorübergehend sehr schlecht, er übergibt sich und kann so gerettet werden. Länger als 20 Minuten am Stück sollte ein Spürhund nicht arbeiten, da es für ihn sonst lebensgefährlich werden kann; er kann nämlich bis zu 100 Mal einatmen, bevor er einmal ausatmet. Wurden die Tiere früher direkt am Objekt bestätigt, werden sie heute aus Sicherheitsgründen per Klicker zum Hundeführer zurückgerufen.
Nach einer beeindruckenden Demonstration von Bragi erfahren wir alles über die Aufklärungsarbeit bei einem Tötungsdelikt / Mord. Nachdem der Hinweis auf der Wache eingegangen ist, fahren sofort eine Steife und ein Rettungswagen zum Tatort. Besteht keine Gefahr mehr, schaut der Notarzt nach, ob das Opfer noch Lebenszeichen zeigt; es gilt die Devise „Rettung vor Aufklärung“. Dann wird der Tatort großräumig abgesichert und die Spurensicherung beginnt mit ihrer Arbeit. Es wird alles dokumentiert; ein Beamter spricht die Tatortbeschreibung auf Band. Für die Aufklärung wichtige Gegenstände werden nummeriert, freie Leichenteile werden abgeklebt, um Hautschuppen und Haare zu nehmen, die Nägel des Opfers werden geschnitten, die Körpertemperatur wird genommen. Pro Stunde sinkt diese etwa um 1 °. Zusammen mit der Ausprägung der Leichenflecken kann so der Todeszeitpunkt in etwa eingegrenzt werden. Ein Bestatter bringt die Leiche in eine Leichenhalle, bis diese zu gegebener Zeit zur Gerichtsmedizin nach Gießen gebracht wird. Nicht jeder Täter hinterlässt Fingerabdrücke, aber jeder hinterlässt DNA-Spuren. Seit Mitte der 90er Jahre sichert diese eine DNA-Datenbank. Beamte von der Kriminalpolizei führen zeitgleich die Verhöre durch, die durchaus mehrere Stunden dauern können und um die 20 DIN A4-Seiten Mitschrift umfassen.
Pro Jahr beschäftigt sich die Regionale Kriminalitätsinspektion mit „ca. 130 bis 140 Leichensachen“, wie ungeklärte Todesursachen, Selbstmorde, Arbeitsunfälle. Obwohl jeder unserer Gesprächspartner etwa 20 bis 25 Todesfälle pro Jahr bearbeiten muss, lieben alle drei ihren Beruf, da sie morgens nie wissen, was sie am Tag erwartet und sie mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun haben.